Einige erinnern sich vielleicht noch an den Scheinriesen aus Michael Endes Kinderbuch „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Jim und Lukas begegnen ihm in der Wüste „am Ende der Welt“. Der Scheinriese ist eine Gestalt, die aus der Ferne riesig wirkt und Angst einflößend erscheint. Je näher man dem Riesen kommt, umso kleiner und harmloser wird er. Am Ende ist er nur ein ganz normaler Mensch.
Ich gebe zu, ich musste erst nachlesen, was es mit dem Scheinriesen auf sich hat. In einem Zeitungsartikel begegnete mir der Begriff in einem ganz anderen Zusammenhang. Aber mir gefällt das Bild von dem Riesen, der in Wahrheit klein ist. Denn wenn man in der Bibel liest, dann wird Gott oft auch als groß und recht Furcht einflößen beschrieben. Auf dem Berg Sinai zum Beispiel darf Mose ihn nicht anblicken, sonst würde er sterben. Gottes Name ist so heilig, dass selbst die Frommen, die Gott nahe sein wollen, ihn nicht aussprechen dürfen.
Das heißt, im Gegensatz zu einem Scheinriesen bleibt Gott heilig und groß, selbst dann, wenn wir uns ihm nähern wollen. Aber Gott geht einen anderen Weg. Er nähert sich uns und macht sich klein. In seinem Sohn Jesus Christus ist Gott als Mensch zu uns Menschen gekommen. Damit macht Gott sich klein, gleichzeitig aber macht er uns groß, indem Jesus uns unsere Schuld vergibt und somit das, was uns von Gott trennt von uns nimmt. Überspitzt kann man sagen, dass uns Gott dadurch wie Riesen werden lässt. Aber wir sind dann keine Scheinriesen, sondern wir sind wirklich groß, weil Gott uns durch Jesus unsere Schuld vergibt und uns seine Gnade schenkt.
H. Wensch, Juli 2020
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