Seite wählen

Während der Morgenandacht in unserer Kirche blicke ich auf unsere Osterkerze, deren Schein uns durch die Andacht begleitet. In der Mitte ist das Kreuz Christi abgebildet, links über dem Querbalken des Kreuzes stehen der erste Buchstabe des griechischen Alphabetes das Alpha und der letzte, das Omega. Sie stehen dafür, dass Jesus Christus als Anfang und Ende das Jahr umfängt, durch das uns die Kerze begleitet. Am unteren Ende steht durch den Längsbalken des Kreuzes unterteilt die Jahreszahl 2020. Die Kerze ist schon ein ganzes Stück runter gebrannt und bald wird das Alpha verschwunden sein und irgendwann dann auch das Omega. Bleiben wird die Jahreszahl 2020.

Und diese Jahreszahl wird wohl nicht nur auf der Kerze bleiben, sondern auch auf sehr lange Zeit in unserem Gedächtnis wegen des Coronavirus, das in diesem Jahr auf so drastische Weise einen großen Raum in unserem Leben und Denken eingenommen hat.

Beim Blick auf die Osterkerze frage ich mich deshalb fast erschrocken, wieviel Raum da noch für den geblieben ist, der das A und das O unseres Lebens sein möchte.

Waren und sind die Schlagzeilen und Sorgen dieses Jahres nicht Anlass dafür, dass der Raum, den wir Christus in unserem Denken überlassen, zusammengeschmolzen ist wie es das Alpha und das Omega auf der Osterkerze bald sein werden?

„Der Ausfall von Gottesdiensten und Andachten könnte dafür ein Zeichen gewesen sein“, denke ich, während ich auf die Osterkerze sehe. Aber dann erzählt mir ihr warmes Kerzenlicht doch etwas anderes. Die Schlagzeilen und die Einschnitte, die wir in diesem Jahr erleben, mögen zwar sein wie ein helles und grelles Licht, das viele andere Gedanken und Wahrnehmungen überstrahlt. Aber das Licht, das durch Christus in unseren Herzen scheint, ist deswegen nicht erloschen. Es leuchtet in den Gebeten, die wir sprechen und in der Hoffnung, die wir in uns tragen. Und es leuchtet auf in der Liebe, die uns als seine Gemeinde verbindet. Nein, Christus wird immer das A und das O, der Anfang und das Ende sein, auch und gerade im Jahr 2020.

H. Wensch, Oktober 2020

 

Cookie Consent mit Real Cookie Banner